Anleitung zur Interaktion in der wirklichen Welt


Obwohl ein Computer wirklich die einzige Gesellschaft ist, die ein Mensch braucht, kommt es vor, dass andere lebende und atmende Artverwandte aus Fleisch und Blut sich nicht auf die Effizienz von E-mail verlassen und tatsächlich darauf bestehen, mit dir persönlich in Kontakt zu treten. So sehr das auch nervt, es gibt Mittel und Wege, mit solchen Situationen umzugehen, ohne das Standesamtsregister zu hacken und ihren Familienstand in "verstorben" zu ändern. In der Vergangenheit benutzte man verschiedene analoge Geräusche und Gesten, die ohne Hilfe elektronischer Geräte erzeugt wurden, um eine rudimentäre Form direkter Kommunikation zu erzeugen.
Mit etwas Übung und unseren hilfreichen Tips kannst auch du die alten Geheimnisse der Interaktion in der wirklichen Welt beherrschen.
  1. Es ist wichtig, zwischen Menschen und Computern unterscheiden zu lernen.
    Wirkliche Menschen haben keine Monitore, Tastaturen, Mäuse oder Reset-Schalter an ihrem Körper. Das macht es schwierig, sie durchzustarten, vor allem weil ihre Batterien nicht entfernt werden können. Im Zweifelsfall solltest du den Puls fühlen - eines der sichersten Zeichen, dass du es nicht mit einer Silizium-basierten Lebensform zu tun hast.
  2. Lebewesen werden oft scheinbar unabhängige Bewegungen und Geräusche machen, die etwas Aufmerksamkeit erfordern, z.B. wenn eines in den Raum kommt und "Hi" sagt. Entgegen dem gesunden Menschenverstand ist die korrekte Reaktion darauf nicht, es total zu ignorieren und weiter deinen neuesten geheimen Tastaturtreiber zu programmieren.
    Situationen wie diese verlangen etwas Multitasking - du musst die Existenz der anderen Person zur Kenntnis nehmen, indem du ihre Geräusche mit ähnlichen Geräuschen beantwortest, nicht mit dem Modem-Verbindungspiepsen. Versuche es mit Wörtern wie "Hallo", "Ja", "Mhm" und "Okay", während du weiterhin über den Tastaturtreiber-Code nachdenkst.
  3. Dass du Klingonisch sprichst, hat vielleicht deine Klassenkameraden beeindruckt, aber die meisten Erwachsenen möchten lieber in einer der vielen altmodischen menschlichen Sprachen angesprochen werden. Merke dir auch, dass bei manchen Gelegenheiten "Auf Wiedersehen" einen besseren Eindruck macht als "Möge es dir wohl ergehen".
  4. Hände schütteln ist keine Form bin&aunml;rer Kommunikation, man braucht dazu keinerlei Kabel, Infrarotschnittstellen oder Änderungen der Netzwerk-Einstellungen.
  5. Wenn bei wirklichen Menschen Bugs auftreten und sie beginnen, Fehler zu machen, kannst du nicht einfach ihre Software neu installieren. Leider sind ihre Unvollkommenheiten in der biologischen Hardware fest verdrahtet und können nicht korrigiert werden. Man muß damit leben, bis man zu einer Einheit mit einem schnelleren Prozessor kommt.
  6. Die meisten Menschen haben noch nicht entdeckt, dass Chips, Pizza und Bier für eine ausgewogene Ernährung völlig ausreichen. Oft werden sie darauf bestehen, verschiedene andere arbeitsintensive Nahrungsmittel zu essen, die komlizierte und zeitraubende Vorbereitungen erfordern. Such das Kochbuch deiner Mutter in deiner Datenbank und benutze es als groben Hinweis, was die meisten Menschen als Mahlzeit betrachten. Vermeide es, deine Rendezvous ins McDonalds einzuladen.
  7. Diese langen, zylinderförmigen Anhängsel unten an deinem Rumpf nennt man "Beine". Mit ein wenig Anstrengung kannst du sie dazu gebrauchen, von einem Ort zum anderen zu gelangen. Z.B. kannst du deine Beine gebrauchen, um den Mann vom Pizza-Service an der Tür zu empfangen statt die Pizza direkt an den Schreibtisch liefern zu lassen. Er wird diese Geste zu schätzen wissen, auch wenn sie dich wertvolle Sekunden deiner Computerspielzeit kostet.
  8. Obwohl eine Tastatur sehr gut als Kissen geeignet ist, kann man seine Beine auch verwenden, um sich zum Bett zu bewegen, das wohl ein viel komfortablerer Platz zum Schlafen ist. Statistiken zeigen, dass eine kleine Mehrheit der Leute tatsächlich in einer horizontalen Position schläft.
    Natürlich schmälern die 27 Sekunden, die du vom Computer zum Bett brauchst, deine Produktivität, hier ist also deine Entscheidung gefragt.
  9. Du wirst nicht an einem Mangel an Gammastrahlen sterben, wenn du den Monitor für ein paar Stunden oder sogar einen ganzen Tag verlä,ßt, obwohl du dich vielleicht ein bißchen krank fühlen wirst. Reduziere deine Zeit am Monitor allmählich und versuche keinen schnellen Entzug, dann sind deine Erfolgsaussichten viel höher.
  10. Im Gegensatz zum durchschnittlichen Avatar tendieren menschliche Wesen dazu, ausgiebig zu bluten, bleibende Schäden davonzutragen und sogar zu sterben, wenn sie mit verschiedenen Anti-Panzer-Waffen beschossen werden.
    Außerdem sind offene Schußwechsel an vielen Orten der wirklichen Welt gesetzlich verboten, und sogar ein freundlicher Stoß mit der Lanze wird oft nicht als sozial akzeptables Verhalten angesehen.
  11. Im Zweifelsfall solltest du dir ins Bewußtsein rufen, dass eine Interaktion in der wirklichen Welt viele positive Folgen haben kann.
    Wissenschaftler haben kürzlich den Beweis erbracht, dass sich mehr als eine Person an Sex beteiligen kann, und dass dafür eine Internetverbindung nicht unbedingt nötig ist.
Die Interaktion mit der wirklichen Welt wird zuerst eine Herausforderung sein, aber wir sind sicher, dass du die Wiedereingliederung in die Gemeinschaft der Lebewesen auf lange Sicht als sehr lohnend empfinden wirst.
Wenn alles gut geht, kannst du eines Tages sogar deine eigenen kleinen Computerfreaks haben, die ihrerseits kleine Computerfreaks bekommen werden, und sie werden es zwei Freunden erzählen, und die werden es wiederum zwei Freunden erzählen, und so weiter, bis sich der Kreis des Lebens schließt.

Ja hier kennst Du Dich wieder aus!