Der erste Monat


Kurioses:

Nach 24 Stunden Reise hatten wir Manaus endlich erreicht. Das einzig verwunderliche während dieser Reise war, dass auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Manaus (also ein brasilianischer Inlandsflug) drei kurze Dokumentarfilme liefen. Einer über Riesling und Gewürztraminer in Frankreich, einer über das Elsass und der dritte mit dem vielsagenden Titel "Climbing in the Alps" (Klettern in den Alpen). Da kommt Heimatfieber auf - schon nach nicht mal einem Tag.
Auf dem Flughafen von Manaus wurden wir natürlich abgeholt - bei ca. 35° und einer Luftfeuchtigkeit, die sich wahrscheinlich schon gar nicht mehr messen lässt. Nach kurzer Zeit gelangten wir zu unserer Gastfamilie, die wahnsinnig nett ist. Allerdings hätte ich nicht sagen sollen, dass ich ein wenig (wirklich sehr wenig) spanisch spreche, denn der Mann ist eigentlich Spanier und laberte mich von diesem Zeitpunkt an zu. Nur leider redete er meistens so schnell, dass ich so gut wie nichts verstand. Und dazu kommt noch, dass er ständig spanisch und portugiesisch vermischte. Er wohnt ja schliesslich schon seit über 40 Jahren dort.
Die Haustüren erinnern eher an Gartentüren, da sie nur aus Gitter bestehen. Zum Glück hatte ich noch eine Milchglasscheibe, die ich vor die Türe zu meinem Zimmer klappen konnte. Es ist sehr heiß dort, deswegen kann man ohne Klimaanlage kaum schlafen. In meiner kleinen Wohnung, die ich bekommen hatte, ist deswegen auch eine eingebaut. Allerdings habe ich in der ersten Nacht gemeint, neben meinem Bett würde ein Panzer hin und her fahren und mich mit gelegentlichen Warnschüssen beschützen (da kommt ein ganz neues Gefühl von Sicherheit auf). Aber es ist ja nur die Klimaanlage.
Die Brasilianische Regierung hat ein tolles Konzept zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit erstellt. Da könnte sich unsere Regierung mal eine Scheibe abschneiden. Z. B. darf an Tankstellen nicht selbst getankt werden, d. h. an jeder Tankstelle arbeiten 2 bis 5 Mitarbeiter (meistens Frauen), die die Autos betanken und abkassieren. Eine weitere tolle Idee, war zu verbieten, dass der Busfahrer in öffentlichen Bussen auch das Fahrtgeld kassiert. Deswegen sitzt jetzt in jedem Linienbus ein Kassierer, der von jedem Fahrgast das Fahrgeld kassiert. Also pro Bus ein Arbeitsplatz gewonnen. Toll an dem Bussystem ist auch (und da könnte sich der deutsche Nahverkehr mal eine Scheibe abschneiden), dass die Busse nie verspätet sind. Das liegt aber eher daran, dass es keinen Fahrplan gibt. Der Bus kommt eben wann er kommt.
Als wir von unserem Dschungeltrip wiederkamen (siehe unter Dschungel weiter unten) sind wir - wie auf der Hinfahrt - mit dem Boot gefahren. Allerdings war es an diesem Tag (oder eigentlich mehr zu dieser Stunde) sehr stürmisch und regnerisch. Deshalb waren die Wellen auf dem Fluss auch sehr hoch. Der Kapitän ist dann irgendwann nicht mehr in der Mitte des Flusses, sondern am Ufer entlang gefahren. Als wir ihn gefragt haben, warum er dies tut, hat er zuerst gesagt, dass er eigentlich gar kein Bootskapitän sei, sondern nur seinen Schwager vertreten würde. Und außerdem würde er am Ufer fahren, weil die Boote dieser Bauart sehr leicht umkippen und am Ufer wäre dies ja nicht so schlimm - da könnte man ja leicht aussteigen. Als es dann nicht mehr so sehr gewindet hat, sondern nur noch geblitzt, ist er wieder in die Mitte des hier ca. 2km breiten Flusses (der Amazonas) gefahren. Und dort waren wir natürlich der höchste Punkt und ich glaube nicht, dass das Boot in irgendeiner Weise gegen Blitzeinschlag geschützt ist….

Die Familie:

Sie besteht grundsätzlich aus je einem Mann und einer Frau (wer hätte das gedacht). In meinem Fall handelte es sich um ein älteres Ehepaar (um die 70), das 4 Kinder (2 "Jungs" und 2 "Mädels") hat. Der älteste Sohn lebt schon einige Zeit in Spanien, der andere lebt dort in Manaus. Die älteste Tochter ist die Frau des hiesigen Professors, über den der Kontakt für den Austausch zu Stande kam. Da die beiden mit ihren beiden Kindern gleich ums Eck wohnen, kann man auch sie zu der Familie rechnen. Die jüngste Tochter (seit Kurzem 25) wohnt noch im Haus (in meiner ehemaligen Nachbarwohnung) mit ihrer 5jährigen Tochter. Die beiden sah man somit auch fast jeden Tag. Der Mann ist Spanier und redete mit mir den ganzen Tag spanisch. Außerdem machte er mit uns das Ganze Organisatorische, als hätte er nichts Besseres zu tun. Deshalb waren wir am Anfang meistens mit ihm unterwegs. Die Frau kochte uns derweil zweimal täglich warmes Essen und bereitete uns noch das Frühstück zu. Eigentlich hat es geheißen, dass nur das Frühstück inklusive sei, aber ihr machte das wohl Spaß. Außerdem wusch sie für stolze 14 Euro im Monat auch noch die Wäsche (und bügelte sie) und in der Hitze braucht man eine ganze Menge Wäsche.

Brasilianer:

Bei dem ersten Universitätsbesuch wurden wir von einer kleinen Studentengruppe durch die Universität geführt und alle dieser Studenten waren sehr nett und wir hatten auch schon verabredet, dass wir mal an einem Wochenende etwas unternehmen würden - später….

Das Leben:

Es ist dort alles etwas chaotisch, aber man gewöhnt sich dran (ich vielleicht ein wenig schneller als andere…). Wenn man z .B. an einer Bushaltestelle steht und in einen Bus einsteigen will, muss man winken, sonst hält er nicht an. Über den restlichen Verkehr will ich eigentlich gar nicht reden. Rom ist wohl ein Sch… dagegen. Hier gilt wohl nur eine Regel: das Recht des Stärkeren. Als Fußgänger hat man hier ganz schlechte Karten.
Überall auf den Gehwegen und in den Fußgängerzonen stehen kleine (sehr kleine) Buden und Grillstände. Jeder verkauft hier eigentlich irgendwas. Ich war bis zum Ende meines Aufenthalts dort auch auf der Suche nach der passenden Geschäftsidee.

Dschungel:

Das erste Wochenende in Manaus haben wir einen zweitägigen Dschungelaufenthalt hinter uns gebracht. Am ersten Tag stand Kanufahren auf dem Programm (das haben wir dem Piranhafischen vorgezogen). Nun sind wir also mit unserem Kanu durch den Dschungel gefahren und haben so allerlei Bäume gesehen und auch einige wenige Tiere - vor allem Vögel, wie Kingfisher und Adler - aber auch einen kleinen Alligator. Nachdem wir dann wieder zurück waren, haben wir auf die Dunkelheit gewartet und sind dann auf Alligatorjagd gegangen. Die blöden Touris sind in einem Motorboot gesessen und haben gewartet, bis die Alligatorfänger irgendwas gefangen haben. Wir (die Alligatorfänger) haben unser Bestes gegeben. Ich hatte das Glück, dass unser Führer, der die Alligatoren fangen sollte, mich als Steuermann für sein Kanu auserkoren hatte. Er saß vorne im Kanu und hat das Ufer mit der Taschenlampe abgeleuchtet. Wenn er zwei rote Punkte gesehen hat, sind wir dort hin gerudert (das waren jeweils die Augen eines Alligators). Einmal haben wir einen ca. 2,5m langen Alligator am Ufer liegen sehen und waren nur ca. 3m von ihm weg. Als wir allerdings näher gekommen sind, ist er vor Angst vor Crocodile Hunter und Crocodile Dundee (ihr könnt Euch aussuchen wer wer ist) ins Wasser geflüchtet. Als Nächstes sind wir mit dem Kanu in den Dschungel gefahren, der dort zu großen Teilen überflutet ist. Dort ist der Führer dann ausgestiegen und hat (barfuss!!!) versucht einen Alligator zu fangen. Am Ende, hatten wir leider nur ein Baby erbeutet.
Nachdem ich die Dusche und die Toiletten genauer untersucht hatte und festgestellt hatte, dass die Toiletten in den Fluss geleitet und das Wasser zum Duschen daneben herausgepumpt wird, habe ich es vorgezogen an diesem Tag nicht zu duschen!
Am nächsten Tag haben wir eine kleine Wanderung gemacht und dabei gelernt was man aus Bäumen alles machen kann (Malariamedikamente, Giftpfeile, Lampenfüllung [petroleumähnlich]…) und wie man Taranteln fängt. Ist ein Riesenspaß, allerdings sollte man aufpassen, dass man nicht gebissen wird, denn das nächste Krankenhaus ist oft weit und 2 - 5 Stunden hat man nur. Auf jeden Fall, hat er (der Führer) erst mal eine braune, handtellergroße (ich habe große Hände) Tarantel aus dem Loch gelockt, danach hat er sie mal fröhlich in die Hand genommen und uns die Giftdrüsen gezeigt. So ein Spinner….Im nächsten Loch saß eine schwarze Tarantel (ist eine andere Art). Die ist nicht so leicht aus ihrem Versteck zu locken. Deshalb hat er Schweiß auf ein Blatt geschmiert und das in das Loch gehalten. Wenn Taranteln menschlichen Schweiß riechen, attackieren sie sofort. So hat er sie dann rausgelockt. Am Schluss sind wir noch mit Lianen durch den Dschungel geschwungen.

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